Adel vernichtet

    oder

    ''Der Gelbe da ist unser Postbote!''


    Teilnehmer: Bratar, Eldoran, Eldron, Gerundur, Kaldun, Menhir
    Zeit: 8.7.- 15.7.2965
    Gamemaster: Elrond Elchtep, frei nach dem gleichnamigen SdL-Abenteuer

    Wenige Monate ist es her, da entdeckte eine kleine Schar von Abenteurern ein altes Grab in dem Gebiet östlich des Anduin, welches unter dem Namen ''Die Totensümpfe'' traurige Berühmtheit erlangt hat.

    Zur Erinnerung: Das Gebiet der heutigen Totensümpfe war Schauplatz der großen Schlacht der freien Völker gegen Sauron, bei der der dunkle Herrscher besiegt wurde. Diese Schlacht leitete das dritte Zeitalter ein, in dem wir uns jetzt befinden. Gil-Galad, der Elbenführer, und Elendil, Herrscher der Dunadain, kamen dabei ums Leben. Isildur, Elendils Sohn, schnitt Sauron als Rache für den Tod seines Vaters den EINEN RING vom Finger.

    Das besagte Grab entpuppte sich als das Grab eben jener Herrscher des zweiten Zeitalters.

    Nun fragt man sich mit Recht, welchen Grund halbwegs normale Lebewesen haben, sich in der Nähe der Totensümpfe und Mordors aufzuhalten. Des weiteren ist die Frage berechtigt, warum selbige Abenteurer nicht nur die Totenruhe der größten Helden östlich des Meeres stören, sondern die erwachten Toten (die zugegebenermaßen nach 2964 1/2 Jahren Totenschlafes nicht die geistig flexibelsten waren) in die jetzige Welt zurückführen, sprich in Eldorans Höhle bringen. Bleibt noch hinzuzufügen, daß die mächtigen Krieger ihre Reise ohnehin nur noch als Skelette antreten konnten.

    Eldron und Kaldun waren dann auch, gelinde gesagt, entsetzt, als Silan und Eldoran mit ihren ''neuen Freunden'' anmarschiert kamen. Und nach einigen Nachhilfestunden in ''Geschichte Mittelerdes'' wurde beschlossen, den Elbenhelden sobald wie möglich ihre letzte Ruhe wiederzugeben.

    Also setzt sich Mitte Juli 2965 ein Zug aus einem Rohirric, einem Elben und zwei Halbelben, allesamt Zauberer, in Richtung Totensümpfe in Bewegung. Die beiden Skelette werden in Menhirs Wagen transportiert, der den Vorteil einer sichtschützenden Plane hat.

    In Cuil trifft die kleine Gruppe auf Bratar, mal wieder in Staatsgeschäften unterwegs. Bei ihm befindet sich Gerundur, ein Adeliger ''vom Lande'', dem unser Fürsensohn offensichtlich weiterhin die große weite Welt zeigt. Als Bratar von unserer Mission erfährt, kann ihn natürlich nichts davon abhalten, den Treck zu begleiten, und sei es nur um sicherzustellen, daß die grožen Herrscher wieder standesgemäß unter die Erde kommen werden.

    Von Cuil geht die Reise nach Osten. Nur ein kleines Dorf ist noch zu erwarten, der Weiler ''Burg''. Burg erweist sich als Sitz eines kleinen Adeligen, der auf Grund der abgelegenen Lage seines Dorfes jedoch völlig unabhängig von anderen Fürsten regiert. Wir sind zum Erntefest eingeladen; die Feiern werden herzlicher, als sich eine entfernte Verwandschft zwischen Bratar und Alderich, Baron von Burg, herausstellt. Doch am nächsten Tag müssen wir leider weiterreisen, wobei Bratar seinen Verwandten nach Iluvan einlädt.

    Wir haben inzwischen erfahren, daß es noch eine zweite Siedlung östlich von Cuil gibt, das Dorf Skaelde an der Feste Felsenstein, zwei Tagesreisen südöstlich von Burg. Die Abenteurer erreichen Skaelde gerade vor Anbruch der Nacht; gewaltige Wolkenberge türmen sich auf, Wetterleuchten verheißt ein Gewitter ''vom Feinsten''. Entsprechend leer ist dann auch das Dorf, als man sich den ersten Häusern nähert. Der Weg unserer Reisenden führt geradewegs zum Gasthof, der am Rande des Marktplatzes liegt, überschattet von einer riesigen Eiche.

    Groß das Befremden von Held & Co., als sich niemand im Gasthaus um das Klopfen kümmert. Im Gegenteil, die Frau des Gastwirtes raunt ihnen durch den Türspalt sogar zu, daß auf Skaelde ein Fluch läge. Wir haben uns bereits damit abgefunden, zur Festung reiten zu müssen, als sich die Tür doch noch öffnet und der Gastwirt seine Gäste einläßt. Auf den Fluch angesprochen erzählt er eine nette Geschichte vom Gewitter, das sich jedes Jahr einen Baum oder ein Gebäude im Dorf als Opfer aussuche. Diese Geschichte klingt allerdings nur solange wie ein Märchen, bis wenige Minuten später wirklich der Blitz in die Eiche auf dem Markplatz einschlägt, mit einem Lärm, der allen durch Mark und Bein geht.

    Unsere Reisenden bekommen ein großes Zimmer mit einem Himmelbett, das sich schließlich Kaldun und Eldron teilen, weil es die anderen aus unerfindlichen Gründen vorziehen, auf dem Boden zu schlafen. Und Bratars Soldeten bleibt mal wieder nur der Stall als Bleibe...

    Nach unruhigem Schlaf erwacht die Gruppe in einem kleinen, dunklen Raum. Da das Himmelbett fehlt, vermutet man schon bald, sich im Schloß zu befinden. Ein Blick aus den Schießscharten bestätigt diese These. In heiligem Zorn machen sich die Abenteurer daran, einen Ausweg aus dem Gemäuer zu finden.

    Umbauter Raum ohne Eingang erweckt immer das Mißtrauen. In diesem Fall wird so ein Raum entdeckt, in dem ein alter Mann sitzt, offensichtlich schon lange tot. In seiner Hand hält er ein Artefakt, geformt wie ein kleines Zepter. Wieder aus dem Zimmer heraus gelingt es, selbiges zu öffnen. Man stößt auf eine Botschaft, die wie der Teil einer Prophezeihung klingt:

    IN DES SCHLOSSES TIEFSTEN GRÜNDEN

    GIBT SICH DER TOD EIN STELLDICHEIN

    Danke, reicht! Also wird die Flucht beschleunigt. Wären da nicht die Hindernisse: so müssen wir durch einen Gang, in dem Fackeln hin und her fliegen. Bis auf Eldoran, der getroffen wird, gelingt es uns jedoch, unter den Fackeln hindurchzukriechen.

    Der Gang führt in eine düstere Kapelle, angefüllt mit roten Kerzen. Der Altar weist Spuren von Blutopfern auf, an den Wänden hängen geschändete Bilder der Valar. Im Raum liegt ein geborstenes Flammenschwert, Zeichen von Elbereth. Eldoran säubert das Bildnis seiner Göttin, und siehe, es spricht zu ihm:

    WILLST DU SEIN - MUSST DU IHN FINDEN

    BANNEN IN DES TAGES SCHEIN

    Prophezeihung, 2. Teil? - Eldoran zweifelt keine Sekunde an der Echtheit und Bedeutung der unheilschwangeren Worte und nimmt zur Sicherheit auch die Überreste des steinernen Flammenschwertes an sich, die sich in seinen Händen wieder zusammenfügen!

    So gerüstet betreten die Helden den Rittersaal der Burg. Hier erscheint ihnen der Besitzer der Festung, Graf Norzal. Er eröffnet seinen ''Gästen'', daß er sich an ihrem Entsetzen zu laben gedenke. Außerdem bestätigt er, was alle längst vermuten: die Gruppe ist in einem Traum gefangen.

    Norzal verschwindet so unvermittelt, wie er gekommen ist. Wir bleiben einem mit einem Dutzend Ritterrüstungen zurück, die allesamt leer zu sein scheinen. Doch Bratar kann es nicht lassen und muß einer Rüstung ins Visier schauen. Damit wirft er diese Rüstung an, die sich langsam in Bewegung setzt. Geistesgegenwärtig wirft Menhir alle anderen Rüstungen in seiner Reichweite um, so bleiben nur ein paar ''Blechdosen'' übrig, die uns angreifen. Wir gehen dem Kampf aber trotzdem lieber aus dem Wege und flüchten in einen benachbarten Gang.

    Wir haben uns noch nicht von dem Schrecken erholt, da erleben wir eine neue Überraschung. Wir werden von der Tür angesprochen, die in die Stallungen führt. Nach einer kurzen Unterhaltung fühlt Eldron sich genötigt, die Tür in die ''Nase'' ihres menschenähnlichen Gesichtes zu pieksen. Daraufhin beschimpft uns die Tür auf das Übelste, woraufhin sie von uns schlicht und einfach ausgehängt und in die Ecke gestellt wird.

    Durch den Stall geht es ins Freie (den Burghof). In die Freiheit? Weit gefehlt! Kaldun will gerade die Zugbrücke hinunterlassen, da melden sich zwei unangenehme Besucher: ein Stein- und ein Fleischgolem. Für letzteren hatte seine Meister leider die Erschaffung einer entsprechend großen Dusche versäumt...

    Eldoran stellt sich in einem heldenhaften Kampf dem Steingolem (der Halbelb ist halt der ''heiligste'', dem Elbereths Flammemschwert einen automatischen OB von 100 erwirkt), Bratar und Gerundur kümmern sich um den Fleischgolem. Leider hat ein Schlag des Steingolems die Wirkung von ca. einer halben Tonne herabfallenden Gesteins, so daß nach wenigen Runden unser ''zweitheiligster'', Menhir, das Steinschwert übernehmen und den Steingolem zu Kiesel verarbeiten muß.

    Endlich hat Kaldun das System der Zugbrücke durchschaut und selbige geöffnet. Ein eiliger Rückzug führt uns nun in das Dorf. Wir betreten das Gasthaus und gelangen in unser Zimmer, alle durch die Tür, Menhir durch die Wand, man ist ja schließlich in einem Traum!

    In unserem Raum ein unangenehmer Anblick. Wir sehen unsere Körper leichenblaß liegen, jeder mit kleinen Wundmalen an der Kehle. Was passiert wohl, wenn man sich in seinen Körper zurücklegt? Kann man in jedem Körper Platz nehmen? Eldron ist bereit, dieses zu erkunden und bietet Bratar den Elbenkörper als Ersatz an- ''Na, Bratar, mal Lust auf einen Tag Elb sein?''. Welch Wunder, der Fürstensohn hält gar nichts davon und schwört furchtbare Rache für den Fall, daß Eldron die Gunst der Stunde nutzen und sich mal eben so zum Thronerben aufschwingen sollte...

    Jeder bekommt seinen Körper, und alle, bis auf den (seelisch) schwer verletzten Eldoran, erwachen. Umgehend knüpft man sich den Wirt vor, der gesteht, daß er uns als Ersatz für seine Tochter an den Grafen verraten hatte. Das Dorf ist tatsächlich von einem schweren Fluch befallen: einmal im Halbjahr wird ein(e) Bewohner(in) per Los ausgewählt, der (die) dem Grafen Norzal Opfer für seine schrecklichen Gelüste sein muß. Dieses Halbjahr war die Wahl auf die Tochter des Gastwirtes gefallen, der an einen Wink des Schicksals glaubte, als unsere Abenteurer an dem selben Abend in seine Gaststube kamen.

    Wir schenken der Geschichte Glauben, zumal wir einen Teil selber bestätigen können, und beschließen, das Dorf noch am folgenden Tag von seinem Fluch zu befreien. Wenige Stunden Schlaf sind uns noch gegönnt.

    Am Morgen des nächsten Tages strömen alle Bewohner des Dorfes auf dem Marktplatz zusammen. Das Gerücht unseres Überlebens hat sich herumgesprochen. Wir werden also versuchen, den Dorfbewohnern Mut einzuflößen, damit sie uns helfen können. Daher stellt Bratar, der ''Fürstensohn aus dem gar nicht so fernen Gondor'', die Gruppe vor. Zu Eldron gelangt, tätigt Gerundur die bedeutungsschwere Feststellung: ''Und der Gelbe da ist unser Postbote''.

    Es gelingt uns, die Dorfbewohner zu überreden, uns wenigstens in den Burghof zu begleiten. So ziehen wir, mit Brennstoff bewaffnet, zur Feste. Eldron klettert über die Mauer und öffnet die Zugbrücke. Den Dorfbewohnern wird eingeschärft, nur bei großem Lärm oder beim Anbruch der Dunkelheit die Burg in Flammen zu setzen. Man betritt, zum zweiten Mal, das Gemäuer.

    Wir finden alles vor wie in der Nacht, nur die Fackeln fliegen nicht, und die Rüstungen beiben leer, wie sich das gehört. Wir entdecken allerdings ein zusätzliches Gewächshaus. Der Gärtner davon ist, hurrah!, der Fleischgolem. Ohne seinen steinernen Kumpel wird er allerdings schnell ''plattgemacht'', und weiter geht's. Menhir greift sich im Tempel die Reste des in der Realität immer noch zerbrochenen Flammenschwertes.

    An der nun nicht mehr sprechenden Tür vorbei betreten wir die Gänge der Gruft. Hier schickt uns Graf Norzal seine schrecklichsten Feinde, die Fledermäuse! Insbesondere Kaldun und Eldron haben mit den Flattertierchen so ihre Mühe, Eldron wird fast totgebissen, Kaldun gelähmt. Aus der Misere hilft ihnen Gerundur, der in seinem heimischen Schloß offensichtlich Erfahrung mit Zwischenfällen dieser Art gesammelt hat und sich hier nun für seinen ''Postboten''-Spruch revangiert.

    Der Sieg macht so übermütig, daß man sich ohne große Regungen zwei Mal mit einem Fire-Ball beschießen läßt, ehe man in Deckung geht. Doch dann kommen wir zur Gruft. Wir lassen eine Bratar-Illusion erscheinen, die die Totenkammer mit gezücktem Schwert betritt. Norzal, der sprungbereit hinter der Tür gelauert hat, stürzt sich auf den vermeintlichen Gegener, fällt glatt hindurch und bricht sich bei der Aktion fast seine schönen Hauer. Dieser Fehler ist gleichzeitig sein letzter. Mit vereinten Kräften wird der Traumvampir buchstäblich auseinandergehackt und in Einzelteilen ans Tageslicht gezogen, welches ihm das Lebenslicht ausgebläst.

    Dieser Entehrung seines Meisters kann der Steingolem natürlich nicht tatenlos zusehen (der Leser hatte ihn wahrscheinlich ohnehin schon vermißt?). Unser Kampf mit dem Ungetüm macht jedoch so viel Lärm, daß die Dorfbewohner, durch die untergehende Sonne sowieso beunruhigt, die vorbereiteten Scheiterhaufen in Brand setzen. So lassen wir Ehre Ehre sein und retten uns mit gekonnten Sprüngen durch das Feuer ins Freie.

    Die Burg brennt die ganze Nacht, und am Morgen stürzen die geschwärzten Überreste aus Stein endgültig zusammen. Skaelde ist von einem gar grauslichen Unheil befreit.

    Ich habe doch noch eine Person vergessen zu erwähnen? Ach ja, Eldoran. Unser Halbelb war im Traum so schwer verletzt worden, daß er am nächsten Tag nicht kampffähig war. So mußte er leider im Gasthof bleiben, wo er von den hübschen Mädchen des Dorfes liebevoll umsorgt wurde und den ganzen Tag über Geschichten von unseren (und seinen!) Heldentaten zum besten geben konnte. Was da so alles erzählt wurde...?

    P.S.: Gil-Galad und Elendil wurde erfolgreich ihre letzte Ruhe wiedergegeben und das Grab endgültig versiegelt.

    Aufgeschrieben von Elrond Elchtep
    nach Erzählungen der im Vorspann genannten
    Personen im Jahre 2965.


    zurück zur German Homepage
    wolf.krueger@dlr.de
    Mon Apr 22, 1996