So stelle ich mir einen Winter vor! Wir schreiben den 10.1.2968 und dennoch ist es draußen noch sehr freundlich. Zugegeben, nachts sieht die Sache schon etwas anders aus, aber da befinden wir uns ja auch lieber in Gasthöfen und an anderen angenehmen Orten. Nach den wenig erfolgreichen (wenn auch lustigen) Ereignissen in Tols Galen wollten Elanarion, Eldoran und ich nicht länger in dieser Stadt bleiben. Insbesondere Eldoran drängte auf einen baldigen Aufbruch südwärts, und da wir ihm da nicht widersprachen (wie kann man jemandem widersprechen, dessen neuerworbenes Stirnband nur die Spitze eines Eisberges an Eigentümlichkeiten ist), waren wir alsbald schon unterwegs.
Sowohl die erste als auch die zweite Nacht verbringen wir in Gasthöfen am Wegesrand. Da diese Annehmlichkeit natürlich auch eine Kleinigkeit kostet, lassen Eldoran und ich uns auf menschliches Niveau herab und erfreuen das Volk durch Flötenspiel und Gesang - sicherlich das kulturelle Highlight des Jahrzehnts in dieser Gegend. Und Elanarion... kann es einfach nicht lassen, Seemannsgarn zu erzählen. Angebliche Freunde von ihm hätten die sagenumwobene Zwergenstadt Moria durchquert und in einem Einsamen Berg im hohen Norden hause ein heimtückischer Drache namens Smaug, der das Volk quäle. Beeindruckt von dieser Geschichte erzählt uns der Wirt von einem guten Drachen, nämlich dem Wappentier der Grafen von Carach Harlonduin. Vor etwa 200 Jahren herrschte dieses Grafengeschlecht einst über diese Gegend. Edel und weise wären Graf Sulkanor und sein Sohn gewesen, keine Krankheit, keine Seuche hätte das Land heimgesucht ganz im Gegensatz zu den damaligen Nachbarländern. Ein kleiner Orden von Glaubensbrüdern siedelte sich an mit dem Ziel, jedermann ohne Rücksicht auf Stand und Herkunft von all seinen Gebrechen zu heilen. Doch ein karger Winter veranlaßte den Fürsten zu Thalusa nordwärts in den Krieg zu ziehen. Er eroberte Carach Harlonduin, erschlug den Grafen und schleifte die Burg. Und wie durch einen Fluch verebbten Wohlstand und Gesundheit in dieser Gegend. Am nächsten Tag reisten wir weiter, doch dieses Mal sollte es uns nicht gelingen, eine Herberge rechtzeitig vor der Dämmerung zu finden. Da weiterhin starker Nebel aufzog und unser Weg bedrohlich nahe an den Klippen des Meeres entlangführte, entschlossen wir uns, am Fuße einer Anhöhe unser Lager aufzuschlagen. Doch da ertönte der Hilfeschrei einer Frau direkt aus Richtung der Klippen. Sofort stürzten wir los, Elanarion allen voran. Und tatsächlich fanden wir am Steilufer eine Frau. Sie war abgestürzt und hatte sich scheinbar geistesgegenwärtig an einem Vorsprung festhalten können. Mit vereinten Kräften und einem Seil konnte die Frau gerettet werden. Sie stellte sich als Marya vor. Ihre Kleidung (ein weißes Gewand und ein weißes Stirnband, beides mit grün abgesetzt)untermauerte ihre Geschichte einer Pilgerin aus Harlond zwar nicht direkt, dennoch boten wir ihr den Schutz unseres Lagers an. Gemeinsam errichteten wir es auf der Kuppe der Anhöhe, als wir dort die Überreste einer ehemaligen Burg fanden. Marya bestätigte unsere Vermutung, es handele sich um die Überreste Carach Harlonduins. Als das Lager endlich steht, das Brennholz gesammelt und das Feuer angenehm warm knistert, stellen wir überrascht fest, daß Marya verschwunden ist. Wir machen uns auf die Suche und trennen uns dazu. Ich muß zugeben, daß meine Suche nicht von Erfolg gekrönt war, daß Elanarion und Eldoran hingegen mir später folgende Geschichte erzählten:Nachtrag: Ich fürchte, ich muß Elrond den Halbelben kontakten und sein profundes Wissen über Geisteskrankheiten bemühen, da ich fürchte, daß sich Elanarion in seiner eigenen Welt der Geschichten und Märchen verlieren könnte. Als ich letzte Nacht meditierte, begann er im Schlaf zu sprechen und wiederholte viele Einzelheiten seiner sonderlichen Erlebnisse in dem Höhlenlabyrinth. Doch noch erschreckender fand ich, daß er auch von einer gewaltigen Grotte sprach, in der eine ebenso gewaltige Drachenstatue stand, beschützt und verehrt von einer Bruderschaft, die über enorme Fähigkeiten und Wissen verfügen soll. Und dazwischen steht Eldoran, den Drachen im Rücken und in grünes Licht gehüllt. Was sind das für Alpträume von bösen Drachen, dunklen Orden und schwarzer Magie. Streckt etwa Sauron selbst die Hand nach Elanarion aus oder waren die Ereignisse der letzten tage und Wochen einfach zuviel für unseren Corsaren. Möge sie Saat dieses Drachen niemals aufgehen...